„Wir sollten von Gott fordern, dass er das Virus stoppt!“

Kapuzinerbruder Paulus Terwitte will, dass Menschen Gott offen die Meinung sagen

Von Christian Reinartz
Corona hat das Land fest im Griff. Der Frankfurter Kapuziner-Bruder Paulus Terwitte will der Plage nun mit Gottes Hilfe entgegentreten: Durch entschlossenes Beten. Im EXTRA TIPP erklärt er, wie das funktionieren soll und warum die Menschen das Gespräch mit Gott verlernt haben.

Kann man Corona einfach so wegbeten?

Ich bin fest davon überzeugt, dass das funktioniert. Gott erhört schon immer unsere Bitten. Warum sollte das also im Fall von Corona nicht funktionieren?

Weil es viel zu einfach wäre.

Das Problem ist, dass die Menschen
in der heutigen Zeit verlernt haben, was Beten eigentlich ist. Stattdessen gehen sie im Gebet meistens auf Kuschelkurs mit ihren Schöpfer oder beten irgend etwas Allgemeines. Aber so funktioniert das nicht. Man muss seinem Gott im Gebet voller Selbstbewusstsein gegenübertreten und Tacheles reden. Wenn das dann noch ganz viele Menschen zur gleichen Zeit machen, dann stehen die Chancen gut, dass Gott das auch hört. Davon bin ich fest überzeugt.

Aber Gott ist doch kein Kumpeltyp, dem man mal eben den Marsch blasen kann.

Doch, genau das sollten die Menschen tun. Sie sollten mit all ihrer Inbrunst und all ihren Emotionen zu Gott sprechen, ihm klarmachen, dass die Krise ein Ende haben soll. Jetzt! Gott soll ruhig merken, dass wir es schlimm finden, was er uns da aufgebürdet hat.

Sie wollen sagen, dass wir mit Gott schimpfen sollen?

Schimpfen vielleicht nicht. Aber ihm klipp und klar, mit fester Stimme sagen, dass es jetzt reicht. Dass er diesen Virus endlich stoppen soll. So, wie man es auch einem guten Freund sagen würde. Mit der gebotenen Ehrlichkeit und nicht verpackt in irgendwelche abgedroschenen Gebetsphrasen. Laut funktioniert das übrigens am besten.

Also anschreien?

Das kann durchaus helfen. Wenn wir vor Wut, dass wir etwa unsere Eltern, Kinder oder Enkel nicht sehen dürfen, am liebesten schreien würden, dann soll das Gott auch ruhig hören. Etwas Lautstärke kann er schon vertragen. Etwa in der freien Natur oder auch, wenn man alleine in der Kirche ist. Außerdem befreit das auch. Denn alles, was ich an Emotionen, Wut und Verzweiflung an Gott auslasse, das bekommen später die Nächsten um einen herum nicht ab. Und Aggression ist in der Krise ja nun bekanntlich ein großes Problem.

Man soll sich an Gott abreagieren?

Das wäre in vielen Fällen vernünftig. Wenn man sich zum Beispiel die ganzen Querdenker anschaut. Die sind alle auf der Suche nach einer Adresse für dieser für sie so wahnsinnigen Demütigung, dass sie vor einem Virus in die Knie gehen sollen. Sie halten nicht aus, das sie sich anpassen müssen und nicht die Herren der Welt sind. Dabei könnten sie diesen ganzen Unmut auch an Gott adressieren. Das würde viel mehr helfen.

Also wenn einfach möglichst viele Menschen darum bitten, dass das Virus verschwindet, dann passiert das auch?

Ganz so einfach ist es nicht. Die Coronakrise ist erstmal ganz sachlich gesehen eine Beziehungsstörung zu dem schützenden Gott, den wir sonst kennen. Deshalb muss jeder einzelne im Gebet mit ihm verhandeln. Das war früher übrigens ganz normal. Die Kapellen und Wegkreuze, die man auf den Feldern rund um Frankfurt stehen sieht, wurden zumeist wegen eines solchen Handels aufgestellt. Man hat Gott zum Beispiel angeboten, dass man ein Wegkreuz errichtet, wenn er die Dürre im Sommer schnell enden lässt, oder dass man eine Kapelle baut, wenn die Pest an einem vorrüberzieht. Das funktioniert auch heute, jeder kann im Kleinen mit Gott verhandeln oder auch drohen.

Wie sähe das in der Praxis aus?

Man kann Gott schon klar sagen: „Wenn bis März nicht das Virus verschwunden ist, dann gehe ich zwei Monate nicht mehr zur Kirche, oder ich bete ein halbes Jahr nicht mehr. Ob man damit ernst macht, steht auf einem anderen Blatt. Das ist auch eine Form von Handel mit Gott. Die Menschen sollten aufhören, immer nur demütig um etwas zu bitten. Sie sollten von Gott einfordern, dass er dieser Pandemie endlich ein Ende bereitet. Die Macht dazu hat er. Er will nur gebeten werden.

Gebet gegen Corona

Du,
der du die Welt geschaffen hast
wie man sagt

Siehst du nicht,
wie wir geplagt sind?
Weltweit?

Hörst du nicht
das Rufen derer,
die allein sterben müssen?
Die sich in der Pflege aufopfern?

Ewiger,
wo bist du in unserer Zeit?
Stopp das Virus,
die ganze Corona-Plage!

Lass endlich
Forschergeist
zu Impfstoffen führen
und für alle Hilfe sein!

Und wenn du uns
nun schon so strafst:
WIR HABEN VERSTANDEN!
Und versprechen dir,

mit deiner Schöpfung
achtsamer umzugehen;
unsere Lieben
treuer zu umsorgen;

dich mehr zu ehren
demütig zu bekennen:
Nicht wir sind Gott!
Sondern DU. Nur DU!

Interview: Christian Reinartz

In: Rhein-Main EXTRA TIPP 14.11.2020

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