Tiefe im Glauben und Weite im Denken

Etwa eine Woche nach meiner Priesterweihe habe mich Ordensschwestern, die mich als Kind betreut haben, zu einer Messfeier eingeladen. Als andere Gäste hatten sie zwei ältere Herren dazu gebeten, die den Schwestern schon über Jahrzehnte verbunden waren. Beim anschließenden Frühstück erzählten sie, dass sie in den sechziger Jahren noch Säuglinge, die tot geboren waren, oder verstorbene, ungetaufte Kinder, hinter der Friedhofsmauer auf dem Feld verscharrt haben.

Mir blieb die Spucke weg. Gründe dafür hatte die Theologie geliefert: wer nicht getauft ist, gehört eben nicht dazu. Zu Menschen Gemeinschaft. Zur Christen Gemeinschaft.

Mittlerweile hat die Kirche gelernt. Gottseidank. Sie beerdigt auch Menschen, die sich selbst getötet haben. Auch das war bis vor etwa 30 Jahren undenkbar.

Auch hier hat die Kirche gelernt von den Naturwissenschaften, von der Psychologie und einfach vom gesunden Menschenverstand.

Jetzt gilt es neu zu lernen und weiter zu lernen. Homosexuelle Menschen, die in Partnerschaft leben wollen, den Segen zu verweigern, aus Gründen, die in 10, 20, 30 Jahren auch weltweit theologisch und psychologisch niemand mehr versteht, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die aus guten Gründen den Weg in und mit der Kirche gehen und auch solche Lebensgemeinschaften unter dem Segen Gottes sehen, so wie es auch Bündnisse zu dritt geben könnte, die ein Segen sind – auch wenn davon im Augenblick in the aufgeregten Diskussion nicht die Rede ist. Oder Partnerschaften, die bewusst auf Zeit angelegt sind.

Tiefe im Glauben und Weite im Denken üben: darum bin ich und bleibe ich gerne Christ.

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