Gerechtigkeit üben

Es gibt nicht Nichthandeln. Wir tun oder wir lassen stets das eine oder andere. Keiner kann leben, ohne das zu entscheiden.

Ganz schön anstrengend. Zur Erleichterung des Lebens schleichen sich Gewohnheiten ein. Diesen grüßen wir, oder: Diesen grüßt „man“, jenen aber nicht. Oder: Das ist in Ordnung, wenn man das tut. Und jenes eben nicht. Das Ganze nennt sich dann Moral. Die Lehre von dem, was Sitte ist. Was „man“ so tut.

Solche Sitten können schnell zur Unsitte werden, wenn sich die Umstände ändern. So mag es ja recht sein, wenn man die Dinge nach günstigsten Preisen aussucht. Wenn aber günstige Preise mehr und mehr bedeuten, dass Arbeiterinnen und Arbeiter an welcher Stelle der Produktion oder des Verkaufs auch immer, ausgebeutet und minderbezahlt werden, muss die Einkaufssitte untersucht werden. Und neu bestimmt werden.

Die Tugend der Gerechtigkeit pflegt die Moral. Sie stellt sie in Frage. Was üblich ist, muss bewertet werden, ob es allen (noch) zuträglich ist. Die Welt ändert sich, und wir in ihr. Was wir darin zu tun haben, muss immer wieder neu bedacht, diskutiert und entschieden werden.